Mein Bootskauf

Ich schreibe diesen Artikel um meine Erfahrungen aus dem Kauf der Sirius mit anderen potentiellen Bootskäufern zu teilen: Menschen, die schon dabei sind nach einem Boot zu suchen oder solchen, die einfach nur davon träumen das einmal zu tun.

Die wichtigsten Elemente meines erfolgreichen Bootskaufes waren ein langer Atem, intensive Marktbeobachtung, viele Bootsbesuche und wertvolle (zum Teil schmerzhafte) Ratschläge von Freunden und meiner Ehefrau.

Den Traum vom eigenen Boot in etwas Reales, auf dem Wasser Schwimmendes zu verwandeln, bedeutet viele Aspekte zu berücksichtigen und Entscheidungen über sich widersprechende Ziele zu fällen:

Die Wunschgröße konkurriert mit dem vorhandenen Budget, die Lieblingsmarke wird auf dem Markt gerade nicht angeboten, sportliche Segeleigenschaften konkurrieren mit dem Wunsch nach Raum unter Deck und Komfort, Tiefgang läuft dem Wunsch zuwider eine große Revierauswahl inklusive Flachwasserzonen befahren zu können.

Ich habe für mich selbst folgende Entscheidungen für ein Boot in den Niederlanden getroffen:

  • Ein maximaler Tiefgang von 1,95m (das ist der maximale Tiefgang für die „Stehender Mast Route“) und mindestens 1,5m für vernünftige Amwindeigenschaften. Wobei meine Tendenz klar Richtung Tiefgang Maximum ging.
  • Mindestens zwei Kabinen plus Salonkojen (also immer eine klassische Aufteilung mit zwei Längsbänken)
  • Sportliche Segeleigenschaften, ohne dauerhaft zu fahrende Backstagen
  • Eine einhandfähige Cockpit Ergonomie in Verbindung mit einem guten Autopilot
  • Die Großschot im Cockpit
  • Ich habe fast bis zum Schluß eine „Zweiboot“ Strategie verfolgt: Eine kleinere Version von etwa 30 Fuß zu einem Budget von 35.000 € und eine größere Version von 34-37 Fuß zu einem Budget von 60.000€

Mit der Sirius ist es am Ende ein Boot mit maximaler Größe, am äußeren Rand meines Budgets, geworden. Sie verfügt über drei unterschiedlich große Kabinen und damit Rückzugsorte für alle Familienmitglieder; der Tiefgang ist mit 1,75m moderat und das Rigg mit verschiedenen Vorsegeln, einem nagelneuen Großsegel und einer wegnehmbaren Kutterfock sehr variabel und leistungsfähig. Eine zwei Jahre alte Austauschmaschine und kein erkennbarer Modernisierungsstau gaben mir den Mut mein Budget auszuschöpfen.

Der Gebrauchtbootmarkt bietet ein sehr breit gestreutes Angebot, darum ist es wichtig sich einen Katalog von entscheidenden Merkmalen oder Eigenschaften aufzustellen. Mit fortschreitendem Sichtungsprozess fiel es mir zunehmend leichter, Boote, die meine Kriterien nicht erfüllten aus meiner Liste zu streichen. Auf diese Weise konnte ich meine Suche später auf bestimmte Bootstypen eingrenzen:

  • Für das kleinere Boot konzentrierte ich mich auf die Winner 9.50, Dehler 31-34 und die First 31.7
  • Für größere Boote gab es ein breiteres Angebot. Hier umfasste die Palette die Victoire 1044, Winner 11.20, Hanse 341&342, Dufour 34 Performance, Etap 34S und natürlich die Spirit 36&37. Aus Mangel an Platzangebot schied die Breehorn 37, trotz sehr schöner Linien, relativ früh aus.
  • Eine interessante Variante wäre auch die Suche nach gut erhaltenen bzw. modernisierten Klassiker gewesen. Der Markt bietet hier oft viel Schiff fürs Geld. Ich wollte das aus Platzgründen aber nicht in Angriff nehmen: In der Regel muß man auf eine zweite Kabine verzichten.

Die nächste wichtige Erkenntnis war, daß Fotos und die Angaben in Internetanzeigen für eine Beurteilung nicht ausreichend sind. Erst die persönliche Begehung offenbart, ob die Polster muffig riechen und fleckig sind, wie gut das Holz noch verarbeitet ist und wieviel Öl sich innerhalb und außerhalb des Motors befindet.

Ebenso wichtig war es, meine geplagte Ehefrau durch eine Reihe von Booten zu schleifen. Sie hat einen klaren Blick für Design und – wie soll ich sagen – auch gewisse Ansprüche in dieser Hinsicht. Ihr Lieblingsbootstyp war die Hanse 342 in hellem Ahornausbau. Sie nimmt mir heute noch ein bißchen übel, daß ich diesen Wunsch nicht verwirklicht habe. Die Kalibrierung mit den Wünschen der Ehepartnerin ließ sich nicht über das Studium von Web Anzeigen erreichen. Sie mußte mit und hat auch gut zwanzig Bootsbesichtigungen tapfer durchgehalten. Wir besichtigten die unterschiedlichsten Bootstypen: Von einer Breehorn 37 bis zu einer Hanse 320. Es gab Überraschungen und Erkenntnisse: die von außen wuchtig wirkende Breehorn 37 erscheint innen eng. Bei der Hanse war es genau umgekehrt. Die klassisch aufgeteilte und in viel Holz ausgebaute Victoire 1044 gefiel auch meiner Frau. Wir entschieden uns dagegen, weil wir sie für eine vierköpfige Familie dann doch zu klein fanden.

Vor dem eigentlichen Bootskauf lagen zwei „fast-Bootskäufe“: Im Frühjahr 2020 stieß ich auf eine Spirit 36, Baujahr 89, die zu einem sehr günstigen Preis zu haben war. Das Boot gefiel mir außerordentlich gut und hatte 2016 eine Austauschmaschine bekommen. Der Kauf scheiterte letztlich an eindringlichen Ratschlägen meiner Frau und eines Freundes, den ich zu finalen Besichtigungen fast immer mitnahm. Jahrelanger Charterbetrieb hatten v.a. im Bootsinneren ihre Spuren hinterlassen. Für meine Ansprüche wären wahrscheinliche hohe Refit Aufwendungen nötig geworden. Hieraus resultiert meine Empfehlung zu den entscheidenden Besichtigungen Dritte mitzunehmen. Hat man sich einmal in ein Boot verliebt, wird das Herz blind für vorhandene Mängel.

Der zweite Fast-Kauf scheiterte am besseren Boot: In Frankreich stieß ich im Sommer auf eine gut erhaltene Dufour 34 Performance im Zweitbesitz. Das Boot verfügte über eine umfangreiche Segelgarderobe, sinnvolle Elektronik und ein bereits erneuertes Rigg (bei Booten > 20 Jahre muß man diese Kosten fast immer einplanen). Was der Eigner nicht besaß war ein einwandfreier Mehrwertsteuernachweis. Die französischen Behörden legen die EU Mehrwertsteuer Richtlinie anders aus und so läßt sich in Frankreich ein Gebrauchtboot mit französischen Papieren problemlos ohne Mehrwertsteuernachweis verkaufen. Die französischen Behörden gehen davon aus, daß bei einem in Frankreich registrierten Boot, die Mehrwertsteuer bezahlt ist. 

Um das Thema für mich zu klären, begann ich Recherchen in Deutschland und bekam vom Zoll in Hamburg den Hinweis, daß für eine potentielle Nachversteuerung die lokalen Finanzämter zuständig seien. Ich kontaktierte also mein lokales Finanzamt und schilderte den Fall ausführlich. Die Folge war mitnichten eine sofortige Auskunft: Das Finanzamt mußte nun selbst recherchieren. Letztendlich kam der zuständige Sachbearbeiter zu dem Schluß, hier kein Risiko für mich zu sehen. Bei einem Gebrauchtboot aus Frankreich (da EU-Land) sehe das Finanzamt keine Veranlassung für eine Mehrwertsteuer Nachforderung. Wohl war mir dabei nicht. Im Falle eines späteren Wiederverkaufs hätte ich einem Käufer keine Sicherheit in Bezug auf die Mehrwertsteuerforderung bieten können. In Frankreich recherchierte währenddessen der Anbieter nach möglichen Nachweisen, und siehe da: Der Zoll in Frankreich (in diesem Fall in La Rochelle) verwahrt für eine Bootsregistrierung eine Kopie der Originalpapiere. Voilà- ein Mehrwertsteuernachweis (das scheint in Frankreich generell so zu sein: Ich fand in einem Internet Forum ein gleichgelagertes Beispiel). Das hätte das Ende dieser Geschichte sein können, aber die Uhren hatten sich weiter gedreht und einen Tag bevor der Mehrwertsteuernachweis eintraf, erschien eine Anzeige für die Sirius auf den Webseiten eines niederländischen Maklers. 

Es mag schicksalhaft erscheinen, daß ich genau in dieser Woche mit meinem vorhin schon erwähnten Freund auf einer gecharterten Breehorn 37 („She`s an angel at sea but a bitch in the harbour“ – das war die Einweisung und sie war zu 100% korrekt, auch weil das Boot ein angeschlagenes Getriebe hatte) unterwegs war. Wir segelten unmittelbar zur Besichtigung nach Lelystad, fanden ein top gepflegtes Boot in erstklassigem Zustand mit nagelneuem Großsegel und Austauschmaschine mit 170 Betriebsstunden vor, und ich unterschrieb keine 24 Stunden nach dem Besichtigungstermin einen Kaufvertrag.

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